Oft werde ich gefragt, wie ich auf die Ideen zu meinen Büchern komme. Wie ihr vielleicht schon in den FAQ gelesen habt, ist mir die Grundidee zu Himbeermond unter der Dusche eingefallen. Leider sind Duschen nicht immer zuverlässige Lieferanten, sprich, manchmal muss man als Autor schon nachhelfen. Dafür habe ich meine Ideenbox. Das ist eine Scrivener-Datei, in der ich jeden Fitzel notiere, der vielleicht einmal ein Kapitel, eine Szene oder ein Manuskript werden könnte.

Letzten Winter habe ich einen kreativen Adventskalender gestartet: Ich nahm mir vor, jeden Tag eine Idee für ein mögliches Buch aufzuschreiben. Jeden Tag. Auch wenn sie vollkommen schrottig ist. Egal.

„Als die Zeit vom Himmel fiel“ wurde am Nikolausabend unter dem vorläufigen Titel „Fünf Minuten“ geboren. Ich liebe Zeitreiseromane und fragte mich an diesem fünften Dezember, wie ich einen schreiben könnte, ohne zum hundertsten Mal eine Zeitmaschine oder ein Portal oder eine Tür zu erfinden.

Im Januar begann ich meine Recherche. Ich meldete ein Testkonto bei einem Broker an und schaute mir viele Videos zum Thema Daytrading an. Die Recherche nahm viel Zeit in Anspruch, aber ich war voll motiviert und begann das Manuskript kurz nach der Fertigstellung von Lavendelmond. In rasend kurzer Zeit hatte ich ein Drittel eines Manuskriptes geschrieben, lehnte mich zurück und … nein. Es war Mist. Die Ich-Perspektive, die ich gewählt hatte, gefiel mir für das Buch überhaupt nicht. Ich hatte zum falschen Zeitpunkt in der Geschichte angesetzt und es fehlte der Pfiff. Das Buch hatte keine Spannung und es gab nicht viel, das euch durch die Seiten gezogen hätte. Also legte ich es beiseite, trat es gedanklich in die virtuelle Tonne und tat das, was ich tun sollte: Ich schrieb Sternenmond.

Aber ich konnte Karla einfach nicht vergessen. Ständig grübelte ich darüber nach, was ich falsch gemacht hatte. Wenn ich zum Einkaufen fuhr, dachte ich über die Geschichte nach, genau wie in der Nacht, wenn ich wach im Bett lag. Ich beschloss, alles noch einmal neu aufzubauen. Andere Perspektive, anderer Erzählstil. Anderer Anfang. Anderer Mann. Ich klaute Jakob aus meiner Dystopie (ein Rohmanuskript) und ließ ihn auf Karla treffen. Und es funkte!

In dieser Zeit kam die Nachricht, dass Amazon den Kindle Storyteller Award im Oktober vergibt. Ich hätte mit Sternenmond an den Start gehen können, aber ich dachte, so ein dritter Band, was will denn Bastei Lübbe damit? Mein Gefühl sagte mir, dass das Zeitreisebuch der perfekte Wettbewerbsbeitrag sein würde. Es kribbelte an meinem Hals.

Während ich Sternenmond fertig überarbeitete, baute ich den Plot für das Zeitreisebuch. Und so wusste ich genau, was an welche Stelle kommen würde. Das Buch war quasi schon fertig, obwohl ich noch kein Wort geschrieben hatte. Kaum war Sternenmond auf euren Kindles, legte ich los. Meine Testleser hielt ich auf dem Laufenden und ich „buchte“ sie frühzeitig für eine Testlesewoche.

In den folgenden Wochen verfluchte ich mich für diese Idee, denn Wochenenden und Freizeit waren ab sofort gestrichen. Die Deadline war knapp und ich bin normalerweise eine langsame Schreiberin. Aber da die Geschichte in meinem Kopf fertig war, habe ich es tatsächlich geschafft. Ohne Helga Baureis, die am Schluss noch mal fleißig mitgearbeitet hat, wäre ich jedoch nicht fertig geworden. Drei Tage vor Deadline war ich noch nicht sicher, ob ich rechtzeitig hochladen würde. Die E-Book-Datei war schon vorbereitet, ich hatte schon die ISBNs und den Klappentext, das Cover war fertig … Aber ich hatte mir vorgenommen, nur dann teilzunehmen, wenn ich mich mit dem Text auch wirklich wohlfühle. Helga hat mir mehrfach ins Gewissen geredet. Sie las Korrektur, ermutigte mich und tilgte die letzten unschönen Sätze aus dem Buch. Und wie konnte ich aufgeben, nachdem ich diesen Stoff geschrieben hatte? Aufgeben war doch gar keine Option, das hatte ich mehrfach betont!

Wie ihr wisst, habe ich es dann gemacht. 38 Minuten vor Ende der Deadline habe ich auf „Veröffentlichen“ geklickt. Und weil ich so aufgeregt war, habe ich das gesamte Manuskript in den folgenden drei Tagen noch einmal gelesen. Zur Sicherheit und zur Beruhigung. Diese Panikaktion war unnötig, denn ich habe lediglich Winzigkeiten angepasst, die ich hätte stehenlassen können. (Ich liebe E-Books dafür, dass man sie so schnell aktualisieren kann!) Immerhin gab mir das endlich ein richtig gutes Gefühl.

Alle haben darüber diskutiert, ob man überhaupt eine Chance hat, wenn man gegen Ende der Deadline hochlädt. Andere hatten einen riesigen Vorsprung. Aber offenbar hatte ich den richtigen Riecher. Ich war dabei! Mission accomplished. Unglaublich.

Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, bin ich wirklich stolz. Das war ein Spurt, wie ich ihn früher an der Uni regelmäßig hingelegt habe. Er war anstrengend, aber schenkte mir auch enorm viel Energie. Und genau diese Power spürt man, wenn man „Als die Zeit vom Himmel fiel“ liest.